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Nachruf 15.11.2021

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Nachruf Alex Brühwiler 28. März 1955 – 17. Oktober 2021

Alex verbrachte eine lebhafte, umsorgte Zeit im Elternhaus, zusammen mit seinen sieben Geschwistern. Schon als Primarschüler wurde er von seinem späteren Schwiegervater, seinem Lehrer mit dem Prädikat «Musterschüler» geehrt.

Das kleine Strassenbaugeschäft des Vaters erforderte immer wieder auch die tatkräftige Mithilfe der Kinder auf dem Bau. Alex traf es allerdings nicht so häufig wie andere Brüder, weil seine Schaffens- und Willenskraft fürs Schaufeln, Pickeln und Teeren seinen Vater nicht immer ganz zufriedenstellten. Ob Alex sein Licht unter den Scheffel gestellt hat, weiss niemand genau. Ein Indiz dafür, dass er das nicht getan hat, ist die Tatsache, dass auch die Gartenarbeit im eigenen Haus nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte.

Nach der Matura absolvierte Alex zwei Studien in Betriebswirtschaft und Jurisprudenz erfolgreich. Diese Studienabschlüsse wurden nach den ersten Berufserfahrungen durch das Anwaltspatent ergänzt. Die Studienzeit – während der er auch seine Liebe zur Kultur (Theater, Musik, Museen etc.) immer mehr entdeckte – musste er aufgrund der finanziellen Möglichkeiten der Eltern zu einem erheblichen Teil selbst finanzieren. Als strammer Securitaswächter und versierter Taxifahrer verdiente er sich seinen Lebensunterhalt.

Alex konnte sich auch für den Militärdienst begeistern und beendete in der Armee seine Karriere als Hauptmann.

Nur rund 200 Meter weiter von seinem Elternhaus wohnte Corina, die Lehrerstochter. Im Laufe der Zeit lernten die beiden sich doch näher kennen und entschieden sich, den weiteren Weg als Ehepaar gemeinsam zu gehen. Dieser Weg führte nach Gossau, wo das Eigenheim an der Haldenstrasse nach biologischen Grundsätzen zu einem besonderen Schmuckstück umgebaut wurde.

Grosses Glück stellte sich mit der Geburt von Lea ein. Das Aufwachen von Lea hielt er erzählend mit dem Diktaphon fest. Zu ihrem 30. Geburtstag hat er die Aufnahmen als Geschenk digitalisieren lassen. Typisch Alex – angepackt und über Jahrzehnte bewirtschaftet und abgeschlossen.
Das Grosskind Paula kam letztes Jahr zur Welt. Leider wird Paula ihren Grosspapi nicht mehr in seiner Art kennenlernen können.

Im Jahr 2000 standen in Gossau die Stadtpräsidentenwahlen an. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er als Präsident der katholischen Kirchgemeinde Gossau lokale Gegebenheiten kennengelernt und Führungserfahrungen gesammelt. Alex war überzeugt, dass er die richtige Person für dieses Amt sei und hat die Wahl bekanntlich auch für sich entschieden. Alex liebte die Arbeit als Stapi, seine Art gab ihm auch die unheimliche Kraft, vielen Ansprüchen gerecht zu werden. Das Amt des Stadtpräsidenten übte er während 17 Jahren aus und dafür wurde er an einem gebührenden Abschiedsfest gefeiert.

Das nach dem Rücktritt begonnene Geschichtsstudium hat er mit viel Leidenschaft angepackt.

Trotz der Hektik im Beruf fand er immer Zeit, im Familienkreis gemütlich an einem Stubentisch beisammen zu sitzen und zu diskutieren.
Nebst dem Musizieren, früher mit Flöte, Klavier, Kontrabass, Piccolo oder Klarinette, begeisterte er sich für den Chorgesang. Die Wahl fiel auf den Männerchor Gossau, dem er 27 Jahre lang angehörte. Die Chorproben bedeuteten für ihn trotz der abverlangten Leistungen geistige und körperliche Erholung nach strengen Arbeitstagen. Einen Teil der gewonnenen Energie vergab er allerdings nach den Proben für die Pflege der Kameradschaft bei guten Gläsern wieder. Seine Beiträge zur Unterhaltung waren vielseitig und die Witze vielfach trocken, dafür umso tiefsinniger.
Die Freude am Gesang und die Verbundenheit zum Männerchor Gossau motivierte ihn schliesslich, sich als OK-Präsident des Schweizerischen Gesangsfestivals 2022 zu engagieren. «Schweiz singt – Gossau klingt», diesen Grossanlass kann er leider nicht mehr erleben.

Eine weitere grosse Leidenschaft war das Wandern in verschiedenen Gegenden der Schweiz. Statt in die Ferne zu schweifen, hat er gemeinsam mit Corina viele Gebiete ausgekundschaftet. Auch da sein Ritual nach der Wanderung: Zuerst in eine Beiz, an die Sonne sitzen, Leute beobachten und wenn immer möglich ein Gespräch mit Fremden beginnen.
Am Sonntag den 17. Oktober blieb ihm und Corina dieses Ritual verwehrt. Eine nicht stabile Grasnarbe auf dem Fussweg oben an einem Steilhang brachte Alex aus dem Gleichgewicht. Ein Festhalten gelang ihm nicht mehr und der Sturz in die Tiefe ist schmerzliche, unfassbare Tatsache geworden.

Wir alle können den Verlust von Alex nicht in Worte fassen. Wir sind tief traurig, werden ihn aber in unseren Herzen stets in Erinnerung behalten, so wie er war. Sein charakteristischer Gesichtsausdruck, sein Schmunzeln wird tief bei uns bleiben.

Erwin Schwizer, Präsident des St. Galler Kantonal-Gesangsverband