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Musik 16.09.2019

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Musik von A bis Z: S wie Sopran

Für viele Jahrhunderte bezeichnete der Begriff «Sopran» jede hohe, überwiegend weibliche Stimme. Erst viel später unterschied man eine Vielzahl verschiedener Soprane. In Frankreich gab es die Ausdrücke «höchster», «zweithöchster» oder in einigen Partituren «niedrigster» Sopran. Im späten 19. Jahrhundert haben sich die Bezeichnungen multipliziert je nach Stimmumfang, Farbe und Intensität der Stimme.      

Auf dem Gebiet der Oper hören wir daher oft die Begriffe, die im Folgenden erläutert werden. Beachten Sie, dass die Stimme ein lebendiges Instrument ist und sich entsprechend dem Alter und dem Repertoire entwickelt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Solistin während ihrer Karriere die Kategorie wechselt.

Leichte Sopranistin, die Virtuosin

Viele Sopranistinnen unserer Chöre fürchten die Höhen eines Stücks. Für eine professionelle Sopranistin hingegen stellt das hohe C kein Problem dar. Die Kategorie, die wir im Folgenden beschreiben, hat jedoch Höhen, wo einem schwindelig wird! Die leichte Sopranstimme ist eine flexible Stimme die sich durch ihre Leichtigkeit und Strahlkraft in den hohen und sehr hohen Tönen auszeichnet. Auf der Bühne mimt sie oft naive Mädchen und manchmal übernatürliche Rollen wie die Tatiana in A Midsummer Nights Dream von Britten oder die Königin der Nacht in Mozarts Zauberflöte. Sie haben sicherlich den Begriff Koloratursopran für diese Art von Rollen gehört. Koloratur ist ein italienische Begriff, der mit Virtuosität in Vokalisen und Ornamenten in Verbindung gebracht wird. Eine leichte Sopranistin hat von Natur aus die Möglichkeiten, gut Koloraturen singen zu können, aber dieser Begriff wird auch bestimmten Arten von Mezzosopranistinnen zugeschrieben, die besonders für das Rossini-Repertoire geeignet sind. 

Hören Sie hier die wunderbare Stimme von Kathleen Battle: https://www.youtube.com/watch?v=TF0XSkb7TyM 

 

Lyrische Sopranistin, die Heldin

Die Stimme für die jungen Hauptrollen, oftmals verliebt  (auf der Bühne, natürlich) in den Tenor. Melodiöse Stimme par excellence, angenehm im Legato und im expressiven Gesang. Es ist die Stimme für die Rolle von Pamina in der Zauberflöte oder Mimi in La Bohème von Puccini. Die berühmteste Arie dieser Rolle, hier von Mirella Freni gesungen, ist wahrscheinlich die beste Interpretation bisher:

 https://www.youtube.com/watch?v=yTagFD_pkNo  

Es gibt noch eine weitere Unterkategorie : die leichte lyrische Sopranistin. Sie ist etwas klarer und etwas höher. 

Lirico spinto, die Farbe 

Hier sind Klangfarbe und Kraft authentisch. Der Lirico spinto hat einen vollen Klang, der sich gegen die grossen Orchester der Opern des 19. Jahrhunderts durchzusetzen vermag. Diese Sängerinnen verwenden häufig ihre Bruststimme, um den tieferen Noten Stärke zu verleihen, sind aber auch in der Lage, Höhen mit einer schönen Rundheit zu singen. Maria Callas war die berühmteste Vertreterin dieses Typs.

https://www.youtube.com/watch?v=oi-oSnGfRM4

 

Dramatischer Sopran, Persönlichkeit

Manchmal ist es schwierig, die Farbe des Mezzos von der dramatischen Sopranistin zu unterscheiden. Das ist die tiefste Sopranstimme. Diese warme und kraftvolle Stimme eignet sich für Rollen mit starkem Charakter: die Mutter, die Königin, sogar gewalttätige Frauen (Salome oder Elektra  von Richard Strauss, Turandot Puccini). Nina Stemme ist derzeit eine der Juwelen  dieser Art von Sopranen.

https://www.youtube.com/watch?v=B53O95nFRjQ

 

Manchmal hört man auch den Terminus «Falcon», den Namen der dramatischen Sopranistin Marie- Cornélie Falcon (1814-1897), die sich auf spektakuläre Rollen wie Rachel in Halévys «Jüdin» spezialisiert hat. Ihr Name ist für diejenigen Sopranistinnen geblieben, die die Rollen übernommen haben, die sie in ihrer kurzen, aber brillanten Karriere geprägt hat.

 

Wir schliessen diese Ausführungen mit einem kleinen Witz ab : 

Die Dirigentin sagt zu ihre MusikerInnen: «Öffnet die Partitur ... Takt 58, notiert: einen Halbton höher.» Die MusikerInnen sind natürlich überrascht. Die Dirigentin: «Kommt schon, stellt keine Fragen, schreibt weiter Takt 71: ein weiterer Halbton höher. Takt 96: doppelt so langsam ... ». Die MusikerInnen verstehen nichts, schreiben aber auf. «Takt 110, einen Ton tiefer, 221, 342, ersetzt die Halbe durch eine Achtelnote!»  Die Sängerin (offensichtlich Sopran): «Und ich, muss ich das auch beachten?» Die Dirigentin: «Nein, nicht Sie, singen Sie genau gleich wie gestern!»

Thierry Dagon (Übersetzung: Isabelle Schmied)