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International 25.11.2021

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Wochenende 2021 für Mitglieder der ECA (European Choral Association)

Der Vorstand der ECA hatte nicht zufälligerweise die wunderschöne Stadt Lyon für seine Mitgliederversammlung ausgewählt. Diese Hauptstadt der französischen Gastronomie kann sich ebenso einer aussergewöhnlichen musikalischen Szene rühmen. Ihr Orchester und ihre Oper sind natürlich weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, aber auch ihre erstklassigen Chöre aller Altersgruppen und Stilrichtungen - kurzum: ein idealer Ort, um Verwaltungsarbeit und Konzerte miteinander zu verbinden.

So trafen sich vom 19. bis 20. November die Vertreter*innen der wichtigsten Chorverbände aus Norwegen, Serbien, Italien, Russland, Spanien, Frankreich, Schweden, Luxemburg, Irland, Belgien, der Türkei, Weissrussland, Finnland, Lettland, Ungarn, Deutschland, Österreich, Estland, den Niederlanden und der Schweiz. Alteingesessene, die sich immer wieder gerne treffen, um die Erfahrungen, Sorgen und Erfolge ihrer Länder zu teilen. Aber auch Neuankömmlinge, darunter viele junge Leute, was auf erfreuliche Weise beweist, dass Chormusik auf hohem Niveau bei weitem nicht altmodisch ist!

Aktuelle Themen

Der ECA-Vorstand ist fest in der Gegenwart verankert. Daher waren aktuelle Themen wie CO2-Fussabdruck, Gleichstellung der Geschlechter und der Einbezug von Minderheiten fester Bestandteil der Diskussionen. Nach diesen intensiven Vorträgen gab es ein Aperitif-Konzert. Das von Laurence Faricier geleitete Vokalensemble Cassiopée bestehend aus Amateuren, Student*innen und jungen Berufstätigen im Alter von 18 bis 35 Jahren besteht, bestach durch eine grosse Vielfalt des Repertoires, das Engagement der Sängerinnen und Sänger sowie Freude an der Musik, die bei den Interpretationen spürbar war.

La Cigale de Lyon, ein Jugendchor unter der Leitung von Anne-Marie Cabut, beeindruckte durch Reinheit der Stimmen und eine bemerkenswerte Klangeinheit. Das Repertoire, welches ganz der «zeitgenössischen klassischen» Musik gewidmet ist und durch passende Choreografien verschönert wird, traf beim Fachpublikum voll ins Schwarze.

 

Cassiopée

La Cigale de Lyon

 

Allgemeine Versammlung

Neben den Themen, die zu jeder Generalversammlung gehören, gab die ECA-Generalversammlung einen Rückblick auf die unzähligen Aktivitäten, darunter das Festival, das diesen Sommer in Ljubljana stattgefunden hatte. Der am meisten erwartete Moment war die Wahl des neuen Vorstands. Jede Kandidatin und jeder Kandidat, einschliesslich der bisherigen, die nicht automatisch wiedergewählt wurden, musste ihre/seine Beweggründe in zwei Minuten darlegen. Die Bewerber*innen hatten zuvor ihre Unterlagen sowie ein Video an jeden Wähler geschickt. Während die alten Kandidierenden als Anerkennung ihrer Arbeit und aufgrund der Tatsache, dass sie den Wählern bereits bekannt sind, wiedergewählt wurden, mussten sich die neuen ohne diese Voraussetzungen bewerben. Vierzehn Kandidaten für elf zu besetzende Posten... Leider erhielt der Schweizer Kandidat David Rossel nicht genügend Stimmen, um in den Vorstand aufgenommen zu werden, so dass die Schweiz in diesem Jahr nicht in der ECA vertreten sein wird. Nächstes Mal klappt es hoffentlich!

David Rossel

Gala-Konzert

Im Edgar-Varèse-Saal des «Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse» in Lyon erlebten die Kongressteilnehmer*innen einen musikalischen Höhepunkt der besonderen Art. Unter der gemeinsamen Leitung von Tanguy Bouvet und Pascal Adoumbou (der in der Schweiz kein Unbekannter ist, da er dort OneStep Gospel aus Lausanne leitet) sangen die Sänger*innen des Jeune Chœur Symphonique - Spirito Stücke von Karin Rehnqvist, Luigi Dallapiccola und Ross Lee Finley, sehr anspruchsvolle Kompositionen, die von den berühmten und wunderschönen französischen Chansons von Francis Poulenc unterbrochen wurden. Auch wenn die jungen Berufsmusiker*innen technisch einwandfrei langen, hätte man sich manchmal etwas mehr Losgelassenheit gegenüber den Partituren gewünscht. Aber bekanntlich war Covid-Periode ja nicht gerade günstig war, um viel zu proben.

Lionel Sow, Professor für Dirigieren am Konservatorium von Lyon, stellte seine Schüler*innen dem Chœur Atelier des CNSMD Lyonnais gegenüber. Zwölf hochkarätige professionelle Chorsänger*innen, die jeweils einen Satz aus zwei Monumenten des 20. Jahrhunderts dirigierten: Olivier Messiaens «Cinq Rechants» und Jean-Yves Daniel-Lesurs «Cantique des cantiques». Wenn man sich mit den unglaublichen Schwierigkeiten dieser Kompositionen auseinandersetzt, ist man dafür gewappnet, alles zu dirigieren! Die Student*innen, mit ihrem eigenen Dirigierstil der eigenen Persönlichkeit, haben diese Aufgabe mit Bravour gemeistert. Dieser grosse Moment wurde durch die Tatsache getrübt, dass eine der Sängerinnen während des Konzerts ohnmächtig wurde und zehn Minuten lang regungslos liegen blieb. Zum Glück ist der Sängerin nichts Ernstes passiert. Die ECA-Mitglieder kehrten mit all ihren Emotionen in ihre Hotels zurück, nicht ohne ein letztes Mal die Stadt der «Canuts» (Seidenweber von Lyon) zu bewundern, bevor sie in ihre jeweiligen Heimatländer zurückkehrten.

Thierry Dagon (Übersetzung: Isabelle Schmied)