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International 15.05.2018

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Der Deutsche Chorverband baut das Deutsche Chorzentrum in Berlin

Frau Petzold, was erwartet mich als an Chormusik interessierte Besucherin, wenn ich das neue Deutsche Chorzentrum betrete?

Wenn Sie das Deutsche Chorzentrum betreten, kommen Sie in die Energiezelle des Deutschen Chorverbandes. Von hier aus steuern wir alle unsere Verbandsaktivitäten und nationalen Veranstaltungsprojekte und arbeiten an einem gemeinsamen Standort mit dem Chorverband Berlin und dem Landesmusikrat zusammen. Auch die neue musikzeitung (nmz) wird ein Büro im Haus haben. Daneben gibt es verschiedene Seminarräume und eine Kita mit Musikprofil, die das Haus lebendig machen wird.

Wieso wurde das Zentrum gerade im Quartier Neukölln gebaut?

Das Bezirk Neukölln ist ein Schmelztiegel, ein prosperierendes, kulturell heterogenes Quartier. In der Umgebung sind viele bekannte kulturelle Einrichtungen zu finden, wie der Heimathafen mit historischem Saal, das Café Rix, ein traditionsreiches Kulturlokal, die Neuköllner Oper, Galerien und eine Musikschule. Wir werden also kein zusätzlicher Konzertveranstalter, denn es existiert schon ein reiches Kulturleben, sondern planen stattdessen zahlreiche Kooperationen.

Wie entstand eigentlich die Idee, ein nationales Chorzentrum zu bauen?

Die Idee gibt es schon lange. Und: Berlin war schon einmal Sitz des Deutschen Sängerbundes und des Deutschen Arbeiter-Sängerbunds, der beiden Vorläuferorganisationen des DCV. Deshalb war klar, dass wir das Chorzentrum in dieser Stadt bauen. Seit drei Jahren wissen wir, in welchem Gebäude das Zentrum entstehen soll. Es liegt mitten in einem alten Arbeiterquartier – ein typisches Wohnhaus aus der Gründerzeit, in dem der DCV dann künftig zwei Stockwerke selbst nutzt.

Was für Ziele verfolgen Sie mit dem Chorzentrum?

Wir wollen von hier aus die Aufgaben des Bundesverbandes wahrnehmen und den Chorgesang durch fachliche und gezielte Lobbyarbeit stärken. So organisieren wir die Grossevents, wie das im Vierjahresrhythmus stattfindende Deutsche Chorfest, den Branchentreff chor.com, der neuerdings in Hannover stattfindet und das VokalfestChor@Berlin, das jedes Jahr an vier Tagen ein grosses Programm mit Workshops, Konzerten, Podiumsdiskussionen und Singveranstaltungen anbietet. Und wir entwickeln kontinuierlich Programme wie Die Carusos weiter, unsere Initiative zum gemeinsamen Singen in den Kindertagesstätten und Kindergärten und geben monatlich unser Vokalmagazin Chorzeit heraus.

Was für Veranstaltungen, Kurse und Weiterbildungen werden im Chorzentrum angeboten?

Alle Nutzer werden hier aktiv sein. Der DCV wird zum Beispiel Chormanager und Chorleiter aus ganz Deutschland schulen und Carusos-Fortbildungen zum Singen mit Kindern anbieten. Die Berliner werden ihre jeweiligen Themen einbringen und auch die nmz plant eigene Angebotsformate.

Wird sich durch das Chorzentrum etwas ändern in der Arbeit des DCV?  

Im Wesentlichen nicht. Wir bleiben der Ansprechpartner für alle Anliegen rund um den Chorgesang und letztlich trägt jeder einzelne Chor seinen Teil zum Gelingen unserer Bürgergesellschaft bei. Mit dem Deutschen Chorzentrum bekommt diese traditionsreiche und zugleich ganz junge Bewegung aber künftig einen eigenen Ort und ein Gesicht mitten in der Bundeshauptstadt.

Welches waren die grössten Hürden bei der Realisierung des Projekts?

Es brauchte zu Beginn natürlich viel Lobbyarbeit nach aussen und nach innen. Bei manchen Landesverbänden gab es Unsicherheiten, wozu es ein solches Zentrum braucht. Grosse Hürden waren auch, das geeignete Gebäude zu finden und vor allem die Finanzierung zu gewährleisten.

Im Zentrum wird es auch eine musikalische Kita (Kindertagesstätte) geben. Können Sie mir ein paar Worte dazu sagen?

Die Kita wird 30 Krippen- und 40 Kindergartenkindern einen Platz bieten und sie wird ein Musikprofil haben. Aber hier entsteht keine Elite-Kita, sondern alle Kinder kommen aus dem Bezirk Neukölln, in dem über einhundert Nationalitäten zusammenleben. Mit einem Carusos-Profil möchten wir genau hier einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten, denn das gemeinsame Singen schafft auf einzigartige Weise gegenseitiges kulturelles Verständnis und fördert jedes Kind ganz individuell.

Welche Tipps würden Sie anderen Ländern geben, die ebenfalls mit der Idee liebäugeln, ein nationales Zentrum für die Chormusik aufzuziehen?

Den einen Tipp gibt es nicht. Aber ich kann sagen, was wir erlebt haben. Ursprünglich wollten wir ein Haus der Musikverbände bauen und wurden uns mit der Zeit darüber bewusst, dass die Chorszene so facettenreich und lebendig ist, dass sie gut ein eigenes Zentrum verträgt. Ich finde es wichtig, den Akteuren verschiedenste, inspirierende Angebote zu machen und den Leuten zu zeigen, wie wichtig diese so traditionsreiche Solidargemeinschaft bis heute ist sowie sich gemeinsam für das Singen einzusetzen. Wir fokussieren als nationaler Chorverband in Zukunft noch mehr auf Dienstleistungen und Fachangebote und müssen die beständig steigenden Anforderungen mit Kompetenz und Qualität beantworten.

Und zum Schluss: Wie geht es mit den Bauarbeiten voran?

Zurzeit werden die Bauvorbereitungen und Fachplanungen abgeschlossen und die Baugenehmigung liegt vor. Das sichtbare Bauen beginnt dann im Juli.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Weitere Informationen:

Deutscher Chorverband:

http://www.deutscher-chorverband.de

Deutsches Chorzentrum:

http://www.deutsches-chorzentrum.de

Die Carusos:

http://www.die-carusos.de

Modell Deutsches Chorzentrum; Bild: Deutscher Chorverband

Caruso-Kindertagesstätte; Bild: Deutscher Chorverband

Isabelle Schmied